Das Leben mit meinem Bruder


Ich bin Lena, 11 Jahre alt und lebe in einem Haus mit meinen Eltern, meinem Bruder Justin und unserem Hund. Eigentlich hört sich das wie eine ganz normale Familie an, aber mein Bruder ist anders, anders wie andere Kinder. Denn er hat Tuberöse Sklerose. Deswegen ist es auch anders mit ihm zu spielen, zu reden und sonst irgendwas zu machen. Durch seine Krankheit ist er eben einfach einzigartig, für mich aber trotzdem ganz normal.

 

Er macht sehr viel Blödsinn, was ich manchmal cool und manchmal doof finde, weswegen wir uns dann auch ab und zu streiten. Aber wenn wir uns mal nicht streiten, machen wir tolle Sachen zusammen und unser Hund hält uns beide auf Trab.

 

Diesen Sommer waren wir z. B. in Paris und haben uns die Stadt in nur 24 Stunden angeschaut. Nach einer sechsstündigen Autofahrt dorthin, sind wir zur Sacré-Cœur gelaufen, wo mein Bruder und ich uns an einem großen Brunnen unsere Füße erfrischt haben. Außerdem haben wir da auch ein Foto von einer Treppe gemacht, auf dem es so aussah als würden wir nach hinten fallen. Wir waren Eis essen und ich habe mein Bestes auf Französisch gegeben. Und danach machten wir uns dann endlich auf den Weg zum Eifelturm, der mir wie eine ganze Ewigkeit vorkam. Als wir da waren, haben wir uns dann alle angestellt. Nur meine Mutter ging am Ende wegen ihrer Höhenangst doch nicht mit rauf. Dabei war es gar nicht schlimm und wir konnten von dort oben ganz weit über Paris gucken. Schade eigentlich, dass der Tag danach schon wieder vorbei war.

 

Drei Wochen später sind wir dann aber nochmal nach Berlin gefahren. Das war auch sehr schön, sogar eigentlich noch viel schöner als in Paris, weil wir dort mehr Zeit hatten und uns nicht so hetzen mussten. Dort waren meine Eltern samstags bei einem Seminar der Epilepsievereinigung und wir Kinder zusammen mit den Betreuern vom dynamis e. V. im Zoo, der riesig war. Zusammen mit der Familie haben wir uns sonntags dann außerdem noch das Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds angesehen und das Sea Life Aquarium besucht. Das war ein wirklich tolles Wochenende.

 

Manchmal ist es aber auch schwieriger für mich und meine Eltern. Ich denke z. B. oft an die Zeit zurück, in der mein Bruder im Krankenhaus lag, weil er am Kopf operiert wurde. Ich weiß ja wie wichtig das war. Trotzdem war es für mich ziemlich blöd, weil ich dann immer zur Tagesmutter musste und meine Eltern nur wenig Zeit für mich hatten. Seitdem geht es Justin aber viel besser und er kann viel mehr als vorher. Auch ist es für mich in der Schule manchmal sehr schwierig, wenn sich die anderen mit dem Wort „behindert“ beschimpfen. Das verstehen manche nicht, aber sie wissen auch nicht was es bedeutet, einen Bruder zu haben, der behindert ist.

 Ich denke dann manchmal, warum wir und nicht ein anderer. Aber wer weiß, vielleicht hält uns auch genau DAS so doll zusammen. Und schließlich ist nicht alles schlecht. So habe ich z. B. auch viele Freunde in den Geschwisterseminaren gefunden, die der Verein immer während seiner Tagungen anbietet, an denen meine Mama teilnimmt seitdem sie dort Mitglied ist. Und ich bin sogar zusammen mit meinem Bruder auf einem Plakat von der Frankfurter Gesellschaft zu sehen, die unser Bild so schön fand. Tja, das Leben mit meinem Bruder ist manchmal schon echt toll.