Veränderungen der Nieren


Veränderungen an den Nieren sind ebenfalls für die Erkrankung typisch und treten bei mehr als 80 Prozent der Betroffenen im Laufe des Lebens auf. Zu den häufigsten unter ihnen zählen Angiomyolipome (AML), gutartige Tumoren, die aus Gefäßen (Angio-), glatten Muskelzellen (-myo-) und Fettgewebe (-lipom) bestehen. Sie treten bereits vor dem zehnten Lebensjahr bei mehr als der Hälfte der Patienten in Erscheinung, im Erwachsenenalter dann bei etwa 75 Prozent. 

Meist liegen mehrere Angiomyolipome vor, die zunächst keine Beschwerden verursachen, jedoch sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter wachsen und sehr groß werden können. In seltenen Fällen kann es durch Verdrängung und Einengung des Nierengewebes dann zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion kommen. Daneben erhöhen sie das Risiko für Bluthochdruck. 

 

Wenn Angiomyolipome größer werden, entwickeln sich unter Umständen außerdem Gefäßaussackungen, sogenannte Aneurysmen, in den Blutgefäßen des Tumors. Je größer diese Aneurysmen sind, desto größer ist die Gefahr, dass sie platzen und es dadurch zu einer Blutung kommt. Gelangt eine Blutung nicht rasch von selbst zum Stillstand, kann dies schließlich zu einem sehr starken Blutverlust führen, der mitunter lebensbedrohlich sein kann.  Warnsignale einer Blutung können plötzlich eintretende, heftige und zum Teil kolikartige Schmerzen im Flankenbereich, Übelkeit und Erbrechen, Blutdruckabfall mit einer sich rasch entwickelnden Schwäche, Blässe, Kaltschweißigkeit und Herzrasen oder eine blutige Färbung des Urins sein.

 

Neben Angiomyolipomen hat etwa jeder zweite Patient mit Tuberöse Sklerose Complex Nierenzysten, deren Vorliegen altersunabhängig ist. Hierbei handelt es sich um gutartige, mit klarer Flüssigkeit gefüllte Bläschen, die meist keiner Behandlung bedürfen, aber Bluthochdruck verursachen können. In der Regel sind die Zysten klein und liegen vereinzelt oder verstreut in beiden Nieren vor. In seltenen Fällen können sie aber auch in großer Zahl auftreten und das normale Nierengewebe verdrängen und ersetzen. Man spricht dann von Zystennieren, bei denen die ersten Zysten bereits im Kindesalter entstehen und mit fortschreitendem Alter in beiden Nieren an Größe und Anzahl zunehmen. 

 

Auslöser hierfür ist ein eigenständiges Krankheitsbild, die sogenannte Polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) Typ 1, deren verursachendes Gen (PKD1) direkt neben dem TSC2-Gen auf Chromosom 16 liegt und zusammen mit seinem Nachbar genetisch verändert sein kann. Die Krankheit führt langsam über viele Jahre zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion und kann Bluthochdruck als auch Infekte der Harnwege begünstigen, die behandlungsbedürftig sein können. Manchmal verdrängen einzelne große Zysten oder besonders große Zystennieren zudem andere Bauchorgane und verursachen dadurch weitere Beschwerden. 

Sehr selten, vermutlich aber etwas häufiger und bereits in jüngeren Jahren als in der Allgemeinbevölkerung, entwickeln sich bei Menschen mit Tuberöse Sklerose Complex darüber hinaus Nierenzellkarzinome, bösartige Nierentumore, die zu Tochtergeschwülsten (Metastasen) neigen, aber erst im Spätstadium zu unspezifischen Symptomen wie Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit und einer allgemeinen Schwäche führen. 

 

Zur Früherkennung und frühzeitigen Behandlung der zum Teil schwer verlaufenden Komplikationen einer Nierenbeteiligung bei Tuberöse Sklerose Complex ist es wichtig, die Nieren regelmäßig durch eine Bildgebung mittels Ultraschall, MRT oder CT kontrollieren zu lassen. Wenn Behandlungsmaßnahmen erwogen werden müssen, die direkten Einfluss auf die Nierenveränderungen nehmen, kommen möglichst gewebsschonende Therapien zum Einsatz, um das funktionsfähige Nierengewebe so weit wie möglich zu erhalten. Bei der Behandlung von Angiomyolipomen stehen dazu unter anderem mTOR-hemmende Medikamente zur Verfügung, die zu einer Größenreduktion der Tumore führen können, jedoch dauerhaft eingenommen werden müssen. Bringt die Therapie nicht den gewünschten Erfolg oder muss diese aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen werden, kann ein Angiomyolipom aber auch durch eine kathetergestützte Verödung der Blutgefäße (Embolisation) von der Blutversorgung abgeschnitten werden. Erfordert die vorliegende Nierenveränderung eine chirurgische Entfernung, erfolgt diese immer unter größtmöglicher Schonung des restlichen Nierengewebes. Die komplette Entfernung der Niere stellt einen absoluten Ausnahmefall dar und wird nur dann in Erwägung gezogen, wenn sie die einzig zur Verfügung stehende lebensrettende Maßnahme ist. Eine Dialysepflicht ist bei Patienten mit Tuberöse Sklerose Complex trotz der häufigen Nierenbeteiligung damit äußerst selten.