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Zu den psychiatrischen Erkrankungen, die bei Menschen mit Tuberöse Sklerose Complex deutlich häufiger auftreten als in der Normalbevölkerung, gehören Autismus-Spektrum-Störungen, die etwa 25 bis 50 Prozent der TSC-Patienten betreffen, das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), das bei 30 bis 50 Prozent der an TSC Erkrankten vorkommt, sowie Angststörungen und Depressionen, die bei etwa 30 bis 60 Prozent beobachtet werden können.
Autismus-Spektrum-Störungen haben insbesondere Auswirkungen auf die Art der Kommunikation und die soziale Interaktion. Betroffenen fällt es häufig schwer, Sprache und Mimik richtig zu deuten und anzuwenden, soziale Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Daneben zeigen sie oft monotone oder sich ritualisiert wiederholende Verhaltensweisen und eingeschränkte Interessen. Ursache dafür sind grundlegende Unterschiede in der Verarbeitung von Sinneseindrücken und in der Wahrnehmung der Umwelt, die auf Veränderungen des Gehirns beruhen.
Eine Autismus-Spektrum-Störung geht in 21 bis 57 Prozent der Fälle zudem mit einem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) einher. Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität sowie Impulsivität sind kennzeichnend, jedoch nicht in allen Fällen gleich stark ausgeprägt. Im Alltag fallen Betroffene dann häufig durch voreiliges, unüberlegtes, impulsives oder unkontrolliertes Handeln oder durch ihre Zerstreutheit auf. Weitere Begleiterkrankungen können Angststörungen, Depressionen und Schlafstörungen in Verbindung mit aggressivem Verhalten sein, die ebenso wie ADHS aber auch unabhängig von einer Autismus-Spektrum-Störung auftreten können.
Psychiatrische Störungen, wie Autismus-Spektrum-Störungen, treten bestehenden Erkenntnissen nach häufiger auf, wenn bei dem Betroffenen eine geistige Behinderung und/oder eine Epilepsie vorliegt, insbesondere wenn diese früh einsetzt. Von einer geistigen Behinderung bzw. Intelligenzminderung spricht man immer dann, wenn eine Person einen IQ (Intelligenzquotienten) von weniger als 70 hat. Dies betrifft etwa die Hälfte der Menschen mit Tuberöse Sklerose Complex, wobei nur etwa 30 Prozent von ihnen in den stark beeinträchtigten Bereich fallen. Das heißt, dass die überwiegende Mehrheit der Betroffenen normalintelligent oder nur leicht eingeschränkt ist.
Ein im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöhtes Risiko neuropsychiatrische Probleme zu entwickeln besteht aber auch bei Menschen mit Tuberöse Sklerose Complex, deren IQ in den Normalbereich fällt. So haben etwa 30 Prozent der Kinder im schulpflichtigen Alter, die über völlig normale intellektuelle Fähigkeiten verfügen, spezifische Schwierigkeiten beim Lernen, zu denen unter anderem Probleme in der Verarbeitung visuell-räumlicher Eindrücke sowie Sprach-, Lese- und Rechtschreibschwächen zählen, die sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen. Daneben fällt es TSC-Betroffenen zum Teil schwer, ihre Aufmerksamkeit ganz auf eine Sache zu richten, sie über längere Zeit aufrecht zu erhalten, zwischen zwei Aufgaben zu wechseln oder sich gleichzeitig auf verschiedene Dinge zu konzentrieren. Eine eingeschränkte Merkfähigkeit, Probleme bei der zielgerichteten Vorbereitung und Ausführung von Handlungen sowie Schwierigkeiten in der Koordination von Bewegungsabläufen können weitergehend beeinträchtigen.
All diese neuropsychiatrischen Störungen haben nicht selten auch Auswirkungen auf die Lebensqualität, das Selbstwertgefühl sowie das soziale Gefüge, sowohl im privaten als auch im schulischen oder beruflichen Kontext. Es ist deswegen wichtig, die Probleme zu identifizieren und diesen möglichst zielgerichtet zu begegnen. Hierzu steht Ärzten die sogenannte TAND-Checkliste zur Verfügung und Eltern, Angehörigen und Betroffenen als Pendant dazu der TAND-Selbstauskunftsbogen. Die Checklisten dienen an dieser Stelle zunächst als Orientierungshilfe und sind so konzipiert, dass sie einen ersten Hinweis darauf geben können, ob in einem oder mehreren Bereichen eine weitere Diagnostik oder Behandlung erforderlich ist.
Da es sich bei den neuropsychiatrischen Störungen, die bei Patienten mit Tuberöse Sklerose Complex vorliegen können, nicht um krankheitsspezifische Störungen handelt, kann diagnostisch und therapeutisch anschließend auf bereits etablierte Verfahren zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für Patienten mit einer geistigen Behinderung. Je nach Problemstellung kommen psychotherapeutische Verfahren, medikamentöse Therapieansätze, heilpädagogische beziehungsweise pädagogische Maßnahmen sowie weitere ambulante Hilfen in Frage. Das Therapiekonzept muss individuell abgestimmt werden und umfasst dann meist eine Kombination aus mehreren Bausteinen unter Beteiligung vieler Akteure, für die es einen koordinierenden Fallmanager geben sollte. Das kann zum Beispiel der Neurologe oder aber auch der Psychiater sein, bei dem sich der Patient in Behandlung befindet. Da sich die Probleme im Laufe des Lebens verändern können, ist es darüber hinaus wichtig, den neuropsychiatrischen Störungen regelmäßig Aufmerksamkeit zu schenken und diese immer wieder neu zu bewerten.