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Ankerproteine des TSC Komplexes schützen vor Entwicklungsstörungen des Gehirns

Zwei Preisträgerinnen der Tuberöse Sklerose Stiftung haben wichtige Ankermoleküle des TSC Komplexes entdeckt: G3BP-Proteine verankern den TSC Komplex an Lysosomen und hemmen so den Stoffwechsel-Treiber MTOR – ein Signalprotein, das bei der Tuberösen Sklerose und ihrer Behandlung eine zentrale Rolle spielt. Zu diesem Ergebnis kamen Tamara Prentzell, TS Forschungspreisträgerin 2019, die mit Christiane Opitz am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) arbeitet, und Kathrin Thedieck, TS Forschungspreisträgerin 2017 von der Universität Innsbruck, gemeinsam mit einem europaweiten Forschungsnetzwerk. Sie publizierten ihre Arbeit in der renommierten Fachzeitschrift Cell.

 

Das Signalprotein MTOR (Mechanistic Target of Rapamycin) ist ein Sensor für Nährstoffe wie Aminosäuren und Zucker. Wenn genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen, kurbelt MTOR den Stoffwechsel an und sorgt dafür, dass ausreichend Energie und Bausteine für das Wachstum und die Funktion aller Zellen im menschlichen Körper zur Verfügung stehen. „Weil MTOR ein derart zentraler Schalter für den Stoffwechsel ist, führen Fehler in seiner Aktivierung zu ernsten Krankheiten. Dies sind zum Beispiel Krebserkrankungen, die mit übermäßiger Stoffwechselaktivität, Zellwachstum und -ausbreitung einhergehen. Auch Fehlentwicklungen des Nervensystems, die zu Schwierigkeiten in der Reizverarbeitung bis hin zu Verhaltensstörungen und Epilepsie führen, können die Folge sein, wenn MTOR fehlgeschaltet ist“, erklärt Kathrin Thedieck.

 

Um Fehler in der MTOR-basierten Signalverarbeitung zu verhindern, kontrolliert die Zelle seine Aktivität sehr genau. Dies tut sie unter anderem durch sogenannte Suppressoren. Das sind Moleküle, die ein Protein hemmen und dabei helfen, seine Aktivität zu dosieren. Der TSC Komplex ist so ein Suppressor für MTOR. Er ist nach der Erkrankung, die sein Fehlen hervorruft, benannt – der Tuberösen Sklerose (engl. tuberous sclerosis, TSC). „Der TSC Komplex sitzt gemeinsam mit MTOR an kleinen Strukturen in der Zelle, den sogenannten Lysosomen, und hält dort MTOR in Schach. Wenn der TSC Komplex - beispielsweise durch Veränderungen (Mutationen) in einer seiner Komponenten - nicht mehr am Lysosom bleibt, kann dies zu übermäßiger MTOR Aktivität mit schweren gesundheitlichen Folgen führen“, erläutert Tamara Prentzell.

 

Die G3BP Proteine: molekulare Anker des TSC Komplexes

 

Die Teams um Kathrin Thedieck an der Universität Innsbruck, sowie Tamara Prentzell und Christiane Opitz am DKFZ erforschten deshalb, auf welche Weise der TSC Komplex an Lysosomen bindet. Hierbei entdeckten sie, dass die G3BP Proteine (Ras GTPase-activating protein-binding protein) zusammen mit dem TSC Komplex an Lysosomen sitzen. Dort bilden die G3BP Proteine einen Anker, der dafür sorgt, dass der TSC Komplex an die Lysosomen binden kann. Diese Ankerfunktion spielt zum Beispiel in Brustkrebszellen eine entscheidende Rolle. Ist die Menge von G3BP Proteinen in Zellkulturen vermindert, so führt dies nicht nur zu einer erhöhten MTOR Aktivität, sondern steigert auch die Ausbreitung der Zellen. Wirkstoffe, die MTOR hemmen, verhindern diese Ausbreitung. In Brustkrebspatient*innen korreliert eine niedrige G3BP Menge mit einer schlechteren Prognose. „G3BP Proteine könnten daher interessante Marker sein, um personalisierte Therapien zu entwickeln und die Effizienz von Medikamenten, die MTOR hemmen, zu verbessern“, so Christiane Opitz vom DKFZ.

 

Auch im Gehirn hemmen die G3BP Proteine MTOR. Im Zebrafisch, einem für die Pharmaforschung wichtigen Tiermodell, beobachteten die Forscher*innen Störungen der Gehirnentwicklung, wenn G3BP fehlt. Dies führt zu neuronaler Hyperaktivität ähnlich wie bei Epilepsie im Menschen. Diese neuronalen Entladungen konnten durch Wirkstoffe, die MTOR hemmen, unterdrückt werden. „Wir hoffen deshalb, dass Patient*innen mit neurologischen Erkrankungen, bei denen die G3BP Proteine fehlerhaft sind, von MTOR-gerichteten Wirkstoffen profitieren könnten. Bei Menschen mit Tuberöser Sklerose konnten wir bislang keine G3BP Mutationen finden. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Menschen mit anderen neurologischen Krankheitsbildern Träger*innen von G3BP Varianten sein könnten. Hier stehen wir noch am Anfang und möchten dies zukünftig gemeinsam mit unserem Forschungsnetzwerk weiter untersuchen“, sagt Kathrin Thedieck von der Universität Innsbruck.

 

Die Studie ist in der Fachzeitschrift Cell erschienen. Ihre Autor*innen wurden u.a. von der deutschen Tuberöse Sklerose Stiftung, der niederländischen Stiftung TSC Fonds, der TS Alliance UK (TSA UK), der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Europäischen Union im Rahmen des Brustkrebskonsortiums MESI-STRAT (www.mesi-strat.eu) gefördert.


Rückfragehinweise

 

Univ.-Prof. Dr. Kathrin Thedieck

Lab for Metabolic Signaling, Institute of Biochemistry

University of Innsbruck, Innrain 80-82, 6020 Innsbruck, Austria

 Tel: +43 676 872557504

 Email: kathrin.thedieck@uibk.ac.at

 

Websites:

https://www.uibk.ac.at/biochemistry/people/thedieck/

https://www.metabolic-signaling.eu

https://www.uibk.ac.at/cmbi/

https://www.mesi-strat.eu

 

Dr. Christiane Opitz und Dr. Tamara Prentzell

Brain cancer metabolism group B350

German Cancer Research Center, DKFZ, INF 280, 69120 Heidelberg, Germany

 Tel: +49 176 95523393 / +49 171 1793805

 Email: c.opitz@dkfz.de / t .prentzell@dkfz.de

 

Website:

https://www.dkfz.de/de/brain-cancer-metabolism/